Wilhelm Pevny: Wir hatten die Chance, Geschichte anders zu präsentieren

Bruckmüller, Moser, Pevny (v.l.) (c) Florian Schulte
Grond, Pevny, Moser, Bruckmüller, Widerin (v.l.) (c) Archiv der Zeitgenossen

Im von der Zeit- und Medienhistorikerin Karin Moser moderierten Rückblende-Gespräch am Archiv der Zeitgenossen erinnerten sich der Autor Wilhelm Pevny und der Sozialhistoriker Ernst Bruckmüller am 13.2. an die Entstehung der „Alpensaga“-Drehbücher.

In den 1970er Jahren wurde vom ORF eine Fernsehserie in Auftrag gegeben, welche den Österreichischen Bauernstand thematisieren sollte. Ursprünglich als Unterhaltungsserie gedacht, sollte die Geschichte einer österreichischen Bauernfamilie von 1900 bis 1945 erzählt werden. Die beiden aufstrebenden Theaterautoren Peter Turrini und Wilhelm Pevny wurden damit beauftragt, die Drehbücher für die „Alpensaga“ (A 1976–1980, R: Dieter Berner) zu schreiben. Aus den anfänglich geplanten dreizehn Folgen wurden sechs eineinhalbstündigen Folgen, was die Arbeit der Autoren erschwerte, da die Drehbücher für die ersten Folgen bereits fertig und nun neu geschrieben werden mussten. Um die historische Glaubwürdigkeit der Produktion abzusichern, wurde vom ORF ein wissenschaftliches Gutachten eingefordert. „Das Einsetzen eines Historikers war aber mehr zum Nutzen als zum Schaden“, meinte Wilhelm Pevny. Der Sozialhistoriker Ernst Bruckmüller, der sich zu dieser Zeit intensiv mit der Landwirtschaftsgeschichte Oberösterreichs beschäftigte, wurde mit einem Gutachten beauftragt. Die fiktive Spielfilmserie sollte auf ihre faktische Tragfähigkeit hin überprüft werden. Diese ungewöhnliche Maßnahme führte zu einer durchaus konstruktiven Zusammenarbeit mit den beiden Drehbuchautoren. So befindet sich im Alpensaga-Archiv des Archivs der Zeitgenossen unter anderem ein Fragenkatalog, den die Autoren an den Historiker gestellt hatten. Zudem wurden auch Zeitzeugen befragt. „Die Chance, Geschichte anders zu präsentieren, als wir es in der Schule gelernt haben,“ faszinierte Pevny.

Zum Widerstand gegen die Serie, den es von Beginn an gegeben hatte, wie Proteste des Bauernbundes und Kritik der Kirche, meinte Pevny: „Alles, was neu war, wurde bekämpft. Aber Ideologie wollten wir bewusst hintanhalten“ und auch ein Klischee sollte nicht reproduziert werden. Das Einbinden von österreichischen Autoren in den filmischen Prozess sei in den 1970er Jahren vom ORF sehr innovativ gewesen und großzügig unterstützt worden, meinte Karin Moser. Ohne Beteiligung des ZDF wären aber nicht alle sechs Folgen produziert worden, war sich Pevny sicher. Die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Dieter Berner habe gut funktioniert, so Pevny, und während es bestimmt nicht möglich gewesen wäre, zusammen einen Roman zu schreiben, sei es ihm und Peter Turrini leichtgefallen, die Drehbücher für die Fernsehserie gemeinsam zu verfassen.